Aktion / Bericht
„Belgische Chaos-Meiler Tihange & Doel im Wandel der Zeit“
Die „Aachener Nachrichten“ klären in ihrer Ausgabe vom 21.10.2016 auf, dass lt. einer aktuellen wissenschaftlichen Studie des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften an der Universität für Bodenkultur Wien die möglichen Auswirkungen eines Versagens des Reaktordruckbehälters von Tihange 2 für die Region Aachen bei ungünstiger Wetterlage vergleichbar verheerend wären wie die nach der Katastrophe von Fukushima in der dort gebildeten 20-Kilometer-Sperrzone.
Als „ungünstige Wetterlage“ wird ein starker West- oder Südwestwind beschrieben, der so ungewöhnlich in unserer Region nicht ist, sondern eher „den Normalzustand“ kennzeichnet. Schließlich hat das RWE aufgrund dieser Windrichtung ja auch die Braunkohletürme in Eschweiler-Weisweiler ausgerichtet – auch wurde die Müllverbrennungsdeponie in unmittelbarer Nähe offensichtlich bewusst so gewählt, damit Qualm, Gestank und „mehr oder weniger gefährliche Niederschläge“ auf möglichst freiem Feld abregnet werden.
Die Bewohner der StädteRegion einschließlich der (Noch-) Großstadt Aachen können also nur hoffen, dass entweder ungewöhnliche Windrichtungen bei einem (Super-)Gau vorherrschen oder kein Gau eintritt. Diese Hoffnung nennt man auch „Russisch-Roulett“.
Zur Erinnerung ein Sprung ins Jahr 2015:
Mit Schreiben vom 18.04.2015 wurde seitens des Aachener Aktionsbündnisses gegen Atomkraft auf Betreiben unseres ÖDP-Kreisverbandes eine Befragungsaktion bei allen regionalen Kommunen (Städte, Gemeinde, Kreise) und der Bezirksverwaltung Köln gestartet, was bei einem möglichen schweren Störfall in Tihange getan wird und wie der Katastrophenplan bzw. das Krisenmanagement konkret aussieht.
Die Antworten, wenn überhaupt welche kamen, waren schockierend.
Die Sachlage hinsichtlich eines gravierenden „Störfalles“ in Tihange wurde von der nordrhein-westfälischen Politik und den zuständigen Verwaltungen heruntergespielt oder die „Nichtzuständigkeit für ein solches Ereignis“ erklärt. Das „Thema“ wurde negiert, mögliche Gefahren ebenso. „Alles im Griff“ - so war letztendlich nach langer Zeit des Wartens der Tenor der Bezirksregierung Köln. „Keiner muss sich Sorgen machen – die zuständigen Behörden erarbeiten sogar zurzeit neue Sicherheitskonzepte für den „unwahrscheinlichen“ Ernstfall.
Die damaligen (aus heutiger wie aus damaliger Sicht) beschämenden Antworten und die niederschmetternde „Ahnungs- und Hilflosigkeit“ in Bezug auf eine einfache Fragestellung einer jeden Kommune und der Bezirksregierung liegen dem ÖDP-Kreisverband im Original vor. Sie wurden bei der Dreiländereckdemo gegen die AKWs im Juni 2015 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Seit dem 2. Halbjahr 2015 hat dann die StädteRegion Aachen als erste Verwaltungs- und Politeinheit zumindest das Thema ernsthaft aufgenommen und ist seitdem aktiv am Ball – begleitet auch von einer aktiven Presse vor Ort– leider bislang mit einer völlig falschen Schwerpunktsetzung: „der Verteilfrage von Jodtabletten im Ernstfall“ (also wieder mal „freiwillige Feuerwehr-Parole“ statt „aktiver Brandschutz“).
Zum o.g. Zeitpunkt lamentierte die Stadt Aachen noch vollkommen desorientiert herum und brachte die zuständige Ausführungseinheit (Berufsfeuerwehr) in ärgste Verlegenheit (z.B. in Bürgerforen, in denen sich entweder der Chef der Berufsfeuerwehr mehrfach verleugnen ließ, indem er seinen nicht vorbereiteten Vertreter in die Fragerunde entsandte und / oder feste Fristen zur Beantwortung der einschlägigen Fragen ohne schlüssige Begründung einfach verstreichen ließ). Noch heute bekleckert sich Verwaltung und Politik der Kaiserstadt nicht mit Ruhm ob Ihrer Anti-AKW-Bemühungen, sondern überlässt dem „Ehrenamt“ lieber die Aktivitäten.
Die rot-grüne Landesregierung sowie die Bezirksregierung Köln haben beide offensichtlich bis heute noch nicht den Ernst der Lage erkannt (für diese Art von Koalition mehr als blamabel). Jedenfalls ruht hier weiterhin „still der Reaktor-See“, bis auf einige wenige „Placebo-Kommentare und –Aktionen“. Man beschäftigt sich offensichtlich lieber mit sich selbst.
Obwohl seit gut einem Jahr die maroden belgischen Meiler in aller Munde sind, obwohl zig Aktionen regional gefahren wurden und obwohl weit mehr als 300.000 Petitions-Unterschriften hinsichtlich einer endgültigen Stilllegung der benachbarten AKWs geleistet wurden, hat sich nichts geändert – gar nichts (außer der offensichtlichen Tatsache, dass unsere Region über einige „Beruhigungspillen“ (Jodtabletten) verfügt.
Die Meiler laufen weiter, werden runtergefahren bei einem der vielen, auch neuerlichen Störfälle, und werden genauso regelmäßig wieder hochgefahren.
Und das Fatale: Alles zeigt mit dem Finger ausschließlich auf Belgien. Nicht auf den französischen Betreiber – und schon gar nicht auf die zuverlässigen, unbehelligten, deutschen Zulieferbetriebe, die die für die Weiterbetreibung der AKWS die absolut notwendigen Brennelemente herstellen bzw. wiederaufarbeiten.
Die ÖDP vor Ort hat sich deshalb entschlossen, wiederum in Zusammenarbeit mit den Anti-AKW-Gegnern vor Ort einen neuerlichen Fokuswechsel vorzunehmen und auf die deutsche (!) Verantwortung hinzuweisen.
Gemäß der Weisheit: „Jeder kehre zunächst mal vor seiner eigenen Tür“ muss die deutsche Politik, insbesondere die Bundes- und Landespolitik mit ihren nachgeordneten Verwaltungen gezwungen werden, die Lieferungen für veraltete und marode AKWs in Europa und weltweit einzustellen. Und zwar sofort.
Dabei darf insbesondere der läppischen Standardausrede: „Arbeitsplätze in Gefahr“ keinerlei (!) Gewicht gegeben werden.
Lingen, Gronau und andere Werke müssen die Produktion und die Lieferungen für diese AKWs sofort und unwiderruflich stoppen und nach Auslaufen des letzten deutschen Meilers ganz geschlossen werden. Alles andere ist unverantwortlich. Es ist wie bei Waffenlieferungen in Krisengebiete, bei denen der Waffenlieferant ein Begleitschreiben abschickt mit der Überschrift: „Nie wieder Krieg!“
Mal sehen, wie auf diese Forderungen die Parteien reagieren, die sich seit etwa 1 Jahr „so große Sorgen um diese belgischen AKWs“ machen und politische Verantwortung in Deutschland, NRW und Niedersachsen tragen.
Die ÖDP bleibt jedenfalls vor Ort, im Land und im Bund dran am Thema und wird weiter mit innovativen Vorschlägen und Umsetzungen in Zusammenarbeit mit der Anti-AKW-Bewegung die verantwortlichen Politiker und zuständigen Stellen „nerven“ und ggf. auch „vor sich her treiben“, bis Schluss ist mit dieser unverantwortlichen Energie- und Wirtschaftspolitik!
Nochmals sei auf die Lingen-Demo am 29.10.2016 hingewiesen.
Die Abfahrt erfolgt um 8:00 Uhr am AC-HBf, die über Düsseldorf und Essen führt, um den Zustieg von weiteren mitfahrenden Mitgliedern zu ermöglichen.